Es ist schon einige Zeit her, dass die letzten Bomben gefallen sind, die Aufräumarbeiten sind beendet, nur noch selten kehren Ehemänner, Söhne und Verlobte von der Front zurück. Durch die Einbeziehung in den Marshallplan verbessert sich die wirtschaftliche Situation wesentlich. Dennoch war ein luxuriöses Hochzeitsfest 1948 völlig undenkbar, waren die Leute doch froh, wenn sie genug Geld für die lebenswichtigen Dinge hatten.
Wir schreiben Samstag, den 3. April 1948. Im 21. Wiener Gemeindebezirk bereitet sich eine junge Braut darauf vor, den Bund fürs Leben zu schließen. Am Vormittag finden sich Braut Angela und Bräutigam Fritz im Standesamt Wien-Floridsdorf zur Vermählung ein. Nachmittags geht die Hochzeitsgesellschaft zu Fuß zur Pfarrkirche Jedlesee, wo um 15:00 Uhr die kirchliche Trauung stattfinden soll – einen geschmückten Autokonvoi, wie heute üblich gibt es nicht. In die Kirche sind etwa 100 Gäste geladen.
Angela, die Braut, trägt ein Brautkleid, das sie in einem Geschäft im 18. Bezirk geliehen hat. Die Schuhe, die sie an diesem Tag trägt, borgt ihr eine Freundin. Einzig das Unterkleid darf sie behalten, denn den Stoff hat sie von ihrer Firmpatin als Hochzeitspräsent bekommen.
In der Hand trägt sie am Weg zum Altar einen Brautstrauß aus gelben Plastiktulpen. Für die Trauringe musste Schmuck der verstorbenen Mutter des Bräutigams eingegossen werden.
Nach der Trauungszeremonie gibt es einen kleinen Hochzeitsempfang für 20 Gäste. Glücklicherweise hat das Paar von einem befreundeten Greißler einen Gugelhupf und einen Striezel geschenkt bekommen, die den Festgästen kredenzt werden. Außerdem bekommt das Brautpaar ein Viertel Kilogramm Bohnenkaffee, im Jahr 1948 ein enorm luxoriöses Produkt.
EHESCHLIESSUNGEN - VERGLEICH 1948 und 2012
Insgesamt wurden im Jahr 1948 in Österreich 71.904 Ehen geschlossen. Im Jahr 2010 hingegen betrug die Zahl der Eheschließungen in Österreich nur mehr 38.592!